Am frühen Mittwochmorgen stößt noch unser treues Mitglied aus Leipzig als fünfter dazu und wir starten, nach einigem Gepäckverzurren gegen Mittag mit den vor Ort geliehenen Gumotex-Booten in Vyšší Brod (Hohe Furt). Das kleine Städtchen liegt kurz hinter dem Lipno-Staussee, der die junge Moldau mit einer kontinuierlichen Wasserabgabe versorgt und ist Ausgangspunkt für die meisten Fahrten auf der Oberen Moldau. Noch im Ort geht es am ersten Wehr direkt eine der besagten Bootsrutschen hinab, die direkt für einen halben Meter freien Fall sorgt, bevor man in der Gasse dem Unterschwall entgegen schlittert. Gute Wahl also – die "Gummiquieken"!
Im steinigen Mittelgebirgsfluss geht's bei gutem Wetter und mit leichter Strömung durch den dichten Böhmerwald an eindrucksvollen und steilen Hängen vorbei. Die hohe Anzahl der Bootsverleiher zieht eine gute Infrastruktur nach sich. Alle paar Kilometer gibt es Camps mit der entsprechenden Versorgung, die uns erahnen lässt, was hier in der Hochsaison los sein muss. Eines der Gummiboote nimmt stark Wasser, doch es lässt sich schnell und komplikationslos bei einem der vielen Versorgungspunkte tauschen.
Hin und wieder gibt es sogar schwimmende Bars, die ein Anlanden unnötig machen. Jetzt, Ende Mai, liegt noch vieles in seliger Ruh, ist aber in Vorbereitung auf die Saison. Wohl jede Tscheche muss vermutlich einmal in seinem Leben die Vltava, wie man die Moldau hier nennt, gepaddelt haben, so verfestigt sich uns hier der Eindruck.
Zur Tageshalbzeit durchpaddeln wir im Sonnenschein das hübsche Örtchen Rožmberk (Rosenberg) mit der gleichnamigen Burg in einer starken S-Kurve und verschwinden danach wieder im Wald. Am späten Nachmittag erscheint uns nach 20 Flusskilometern das Kemp Naho?any geeignet zur Nachtruhe. Schnell sind die Boote entladen und die Zelte errichtet. In der Campkneipe gibt es zwar zu Essen, aber da man sich zu einen Live-Rock-Konzert mit hämmerndem Bass rüstet, bei dem man sein eigenes Wort nicht mehr versteht, ziehen wir uns früh zurück.
Am Fronleichnamstag, der hier kein Feiertag ist, stechen wir gegen 11°°Uhr erneut in Fluss. Die Boote laufen zwar nicht so gut wie die unsrigen, jedoch machen viele kleine Schwalle das Fortkommen trotz der Wehre mühelos. Für eine Stunde setzt leichter Regen ein – es bleibt aber warm. Schon am frühen Nachmittag erreichen wir mit ?esk? Krumlov (Krumau), ein weiteres mittelalterliches, pittoreskes Städtchen, wiederum mit eigener Burganlage in einer haarnadelartigen S-Kurve der Moldau gelegen. Zwei Kilometer dahinter bleiben wir am Kemp Krumlov für die Nacht und um uns zu Fuß einen Eindruck von diesem netten aber tourismusverwöhnten Ort machen zu können.
Für den nächsten Tag ist deutlich mehr Regen angekündigt. Wir kommen früh in die Puschen und sitzen den langanhaltenden Guss 13 Kilometer weiter im Kemp Zlatá Koruna (Goldene Krone) aus. Gegenüber liegt ein berühmtes Kloster, das durchaus eine Besichtigung wert wäre. Bei böhmischer Kost fällt die Entscheidung, die Fahrt hier aufgrund sehr starker Regenfälle, die bereits über Österreich im Anmarsch sind, abzubrechen und den Schuttlebus des Veranstalters schon ab hier zu nutzen. Woran es auch immer liegt – der Bus fährt ohne uns ab. Nette Jungs, welche eigentlich nur für den Bootstransfer zuständig sind, helfen uns aber aus der Patsche und fahren uns samt Gepäck zum übernächsten Halt, so dass wir dennoch unseren Ausgangsort in Vyšší Brod wieder glücklich erreichen. Eine letzte Übernachtung ist dort angesagt nebst einem Verzehr der Reisekasse im naheliegenden Restaurant.
Am Morgen nutzen wir eine kurze Regenpause für den Abbau des Lagers, machen uns dann auf den langen Rückweg über die A3, gerade noch rechtzeitig vor einer Komplettsperrung. Der fette Regenbatzen hatte uns in Tschechien nur gestreift, aber in Niederbayern und Schwaben extreme Niederschläge mit entsprechenden Hochwasserschäden verursacht. Dennoch hatten wir eine schöne Tour von gut 50 Kilometern.